Situationen gibt es im Interim-Geschäft, die sind einfach blöd:
Wir erhalten eine Anfrage für einen Interim Manager Personal: ausgerechnet! Nur die Anfragen nach Projektmanagern in der Automobilindustrie treiben derzeit meinen Puls noch höher.
Unsere Datenbank identifiziert sieben Kandidaten, die angeben, verfügbar zu sein. Und es beginnt das alt-bekannte Spiel, auf das ich hier mehrfach eingegangen bin: Ich schreibe eine Mail, stelle das Projekt vor und bitte darum, die eigene Verfügbarkeit zu bestätigen.
Zwei sind doch nicht verfügbar, zwei antworten nicht, drei sind verfügbar – und ich stelle sie folglich dem Kunden vor. Zwei davon lehnt er ab.
Soweit nichts Besonderes – wenn man davon absieht, das ich einen Fehler gemacht habe.
Spätestens nachdem der Kunde zwei von drei Kandidaten abgelehnt hatte, hätte ich den einen Kandidaten, der nicht geantwortet hatte, anrufen sollen:
Ich kenne ihn persönlich, ich schätze ihn – und sein Profil passt genau auf das, was der Kunde sucht.
Hab´ ich aber nicht: Weil in der Zwischenzeit die Automobilbauer keine Ruhe lassen, weil meine private Situation fernab jedes Ponyhofes ist oder weil der Newsletter anstand.
Der aber führte dann zu folgendem Mailwechsel, weil wir die Projekte und die Interim Manager auf der dazugehörigen Shortlist im Newsletter eben offen legen:
Interim Manager:
„Hallo Herr Becker,
ich habe die Juni 2012-Auswertung durchgesehen und bin etwas erstaunt. In der Vergabe der Position „HR-Manager (operativ und strategisch)“ ist INMAN Nr. 519 gelb gekennzeichnet – was bedeutet, „reagierte nicht“. Mir ist nicht bewusst, eine Anfrage erhalten zu haben??? Selbst wenn die Position ggf. nicht passen würde, so würde ich mich auf eine Anfrage grundsätzlich melden. Ich würde zumindest den Sachverhalt gerne aufgeklärt wissen. Können Sie mich dabei unterstützen? Wie hat mich die Anfrage erreicht? Mail – Telefon ?“
Ich sende ihm eine Kopie meiner Mail „Bitte um Bestätigung Ihrer Verfügbarkeit“.
„Sehr geehrter Herr Becker,
herzlichen Dank für die schnelle Rückmeldung. Um es kurz zu sagen – es war mein Fehler. Im Rahmen meiner IT-Aktualisierung ist diese Mail bei der Umstellung auf IMAP-Konten „als gelesen“ markiert worden (ich vermute einen Bedienfehler meinerseits), sodass ich Ihre Mail nicht wahrgenommen habe. Die Ausschreibung passte nahezu perfekt. Ich habe ja über 15 Jahre in der IT im Bankensektor.
Vermutlich ist bereits alles gelaufen?“
Ich antworte:
„Ich fürchte schon, Herr Interim Manager,
denn heute stellt sich die Kandidatin im zweiten Interview der Geschäftsführung vor.
Ich schlage vor, wir warten mal ab, wie das heute läuft: Man kann ja die tollsten Dinge erleben. Sollten sich beide Parteien nicht einig werden, dann liefere ich Ihre Unterlagen nach. Ich habe inzwischen einen ganz guten Draht zum Kunden.
„Die Ausschreibung passte nahezu perfekt.“ Nicht schlecht, unsere Datenbank, nicht wahr?“
Die Antwort des Interim Managers schreibt Geschichte in unserem Unternehmen:
„Ihre Datenbank, die Transparenz und das faire Geschäftsgebaren Ihrerseits sind für mich einzigartig im Markt. Die von Ihnen gelieferten Daten helfen mir z.B. auch in der Preisfindung. Zudem „inspirieren“ mich die Daten, meine eigene CRM-Datenbank mit Leben zu füllen, da ich die Aussagekraft Ihrer Reports sehr schätze.“
Am nächsten Morgen erreicht mich die Nachricht vom Kunden, dass der Termin mit der Kandidatin verschoben werden muss. Ich nutze dieses Fenster, um dem Kunden zusätzlich den Kandidaten 519 vorzustellen.
Ich denke, so geht das:
Fairplay im Interim Management
Tolle Geschichte! Innerhalb des allgemeinen Business-Universums eine absolute Rarität – in „unserem“ Manatnet-Mikrokosmos eine Selbstverständlichkeit, bin fast versucht zu schreiben…aber das klingt zu lapidar, daher formuliere ich neu: In punkto Transparenz, Reaktivität und Fairness einmal mehr Benchmark – der Manatnet-„Added value“ at its best. P.S. Viel Glück, Nr. 519! 😉