Dichtung und Wahrheit. Idealtypische Welt und tatsächliche Welt. Die Gräben dazwischen sind mitunter riesig!
So argumentieren Vordenker seit einer gefühlten Ewigkeit, Unternehmen sollten von anderen Branchen lernen. Ich teile diese Meinung, erlebe jedoch zum Beispiel im Interim Management ein unbeirrbares Schubladen-Denken: „Der Kandidat kommt nicht aus unserer Branche? Passt nicht!“.
In dieser Woche ist mir ein Artikel untergekommen, den ich sogar für unseren Newsletter für unsere Unternehmenskunden aufgegriffen habe: „Warum nur ‚lachende‘ Unternehmen die Zukunft erreichen“ vom P. T. MAGAZIN für Wirtschaft und Gesellschaft. Nieder mit der Schublade!
Launig untertitelt mit „Stunden der Heiterkeit“, „Gut, wenn das Lachen Einzug hält“ oder „Lachende Unternehmen betören die Kunden“ wird der Artikel wahrscheinlich verstörtes Kopfschütteln bei den meisten Lesern hervorrufen.
Auch aus meiner Sicht ist der Artikel recht idealtypisch. Dennoch hat er im Kern Recht, wenn er – ein wenig martialisch – zusammenfasst: „Vergiftete Unternehmen werden sterben“.
Zitat: In ‚vergifteten Organisationen‘ werden in großem Stil menschliche Ressourcen und Talente verschwendet. Dort herrschen Intrigen und Machtkämpfe, da toben Eifersüchteleien und Missgunst. Dies führt zwangsläufig zu Argwohn und Leistungsabfall, zu Unfreundlichkeiten und häufigen Fehlern, zu angepasster Mittelmäßigkeit, zu Lethargie, Frust und Fluktuation. (Zitat Ende).
Ich kenne beide Arten von Organisationen:
Ich habe in einem Unternehmen gearbeitet, in dem viel gelacht wurde – und wir haben in einem vibrierenden Umfeld Spitzenleistungen erbracht.
Und ich habe in einem Unternehmen gearbeitet, in dem die Angst regierte. Kleinlaut muss ich jedoch zugeben: Auch dieses Unternehmen lebt noch immer.
Es ist bemerkenswert, dass in meinen Gesprächen mit den Unternehmen die Organisationen aus der zweiten Gruppe regelmäßig als „normaler“ angesehen werden – auch heute noch:
Ich lach´ mir´n Ast!
Ihre Wahrnehmung wie auch Erfahrung deckt sich hier absolut mit meiner eigenen; die naheliegende Schlussfolgerung „Die (wahlweise „wir“) sind vom Betriebsklima / der Unternehmenskultur etc. so schlecht, die müssen / werden bald vom Markt verschwinden“ ist oft falsch. Solange dies von der Mehrzahl bzw. einer genügend grossen Menge der Mitarbeiter (oder sollte man „Betroffenen“ sagen?) akzeptiert bzw. ertragen wird und die Fluktuation derer, die das nicht tun, nicht eine kritische Schwelle überschreitet, überleben solche Firmen halt. Stark vereinfacht gesprochen 😉 Über genau diese Schiene – oft in Post Merger-Situationen anzutreffen – bin ich selbst vom Interim (Change) Management (auch) zum Business Coaching gelangt; das drängte sich quasi auf. Insofern könnte man mich vielleicht als Kriegsgewinnler bezeichen (persönliche Wahrnehmung: Nachfrage steigt) – ich selbst ziehe es vor, mich als „Friedensstifter“ zu sehen…lieber „Work hard, play hard“ als „Kill ‚em all“ 😉 Oder noch plakativer: Spass schlägt Angst.