„Interim Management ist zu teuer für mich!“ Diesen Satz höre ich inzwischen von Unternehmen öfter als mir lieb ist. Auch die aktuelle AIMP-Providerumfrage, deren Ergebnisse Thorsten Becker und ich im Rahmen des Neunten AIMP-Jahresforums vorstellen werden, zeigt: Die Preise im Interim Management, also die Tagessätze für die Interim Manager, sind zum Thema geworden.
Warum das so ist, ob diese Sicht gerechtfertigt ist oder ob hier wieder unglücklicherweise Äpfel und Birnen miteinander verglichen und zum unsäglichen Ergebnis eingekocht werden: Fakt ist, dass wir an dieser Stelle Geschäft verlieren!
Und inzwischen fürchte ich, mehr als wir denken.
Nun ist es durchaus nicht so, dass ich die Meinung vertrete, wir müssten das alles nur besser kommunizieren, damit die Tagessätze vom Kunden besser verstanden und mit einem verzückten Lächeln auf den Lippen bezahlt werden.
Sicher können wir auf diesem Feld noch besser werden. Aber dennoch fehlt mir die Fantasie, mir eine Kunden-Aussage wie diese vorzustellen: „Vielen Dank Herr Becker! Gut, dass wir darüber geredet haben. Ist ja doch nicht so teuer wie ich immer dachte. Und: Gut, dass es Sie gibt! Dann also mal los!“
Wir können argumentieren, soviel wir wollen. Wir können rechnen, soviel wir wollen. Und wir können gebetsmühlenartig murmeln, der Kunde solle doch bitteschön unbedingt alle (!) Kostenarten als Messlatte für seinen Vergleich berücksichtigen.
Und ihm dann, damit er auch ja nichts vergisst, jede einzelne Kostenart ins österliche Gebetbuch schreiben. Von den Beschaffungs-Kosten über die Sozialabgaben bis hin zu (in weiser Voraussicht schon mal berücksichtigten) Trennungskosten.
Und obendrein, verehrter Kunde, ist Interim Management im Zweifel kurzfristig zu beenden. So etwas wie eine Kündigungsfrist bei einer Festanstellung entfällt praktisch.
Ach ja: Ein Rechenmodell zum heimischen Selbstversuch in Excel stellen wir Ihnen immer gern und kostenlos zur Verfügung.
Am Ende bleibt jedoch: Für ein auch nur einigermaßen normal honoriertes Interim-Mandat muss der Kunde mit einem Abfluss aus der Kasse (!) von rund 20.000 Euro im Monat rechnen.
Bei dem mir innewohnenden Respekt für andere Sicht- und Denkweisen: Ich denke, das typische menschliche Attribut hinter einer solchen Zahl auf der Ausgabenseite dürfte „teuer“ heißen!
Und ich bin fest davon überzeugt: Unsere Branche wird sich mehr mit diesem Attribut auseinandersetzen müssen als in der Vergangenheit!
Grundsätzlich haben wir für diese Auseinandersetzung zwei Stellschrauben: (1) Das in Geld bewertete Ergebnis der Arbeit des Interim Managers und (2) die Tagessätze an sich.
(1) In Geld bewertetes Ergebnis der Arbeit des Interim Managers: Ein Interim Manager von MANATNET baut seit einem halben Jahr die Produktion eines mittelständischen Automobilzulieferers um. Dieser Interim Manager hat die monatlichen Abflüsse aus der Kasse des Unternehmens, die auf seine Honorare zurückgehen, bereits mehrfach wieder hereingeholt: Produktionsrückstände abgebaut, Ausschuss- und Fehlerquoten dramatisch reduziert und schier unglaublich viel Energie eingespart – um nur ein paar Felder zu nennen. Bei diesem Kunden redet niemand mehr von den „Kosten des Interim Managers“ – und ich habe noch niemals vorher im Kommunikationsbereich einer Produktionshalle einen gelben, lachenden Smiley von der Hausbank gesehen – DIN-A4 gerahmt. Untertitelt: „Prima! Weiter so!“
Ich frage mich daher: Kommunizieren wir diese durchaus nicht untypische Leistung eines Interim Managers gut und offensiv genug?
(2) Tagessätze an sich: Meine Leser wissen, dass ich die Logik für falsch halte. Dennoch muss ich akzeptieren, dass genau so die Preisbildung abläuft, die Tagessätze für die Interim Manager in Deutschland zustande kommen: Auf seinen eigenen Ziel-Tagessatz schlägt der Interim Manager auf, was der Provider verdienen möchte. Dadurch wird die gleiche Leistung des Interim Managers für den Kunden teurer – was mit zusätzlichen Dienstleistungen der Provider gerechtfertigt wird. (Auf diesen letzten Punkt gehe ich an dieser Stelle bewusst nicht weiter ein.)
Und es ist kein Geheimnis, dass sich diese Aufschläge typischerweise auf 33 Prozent belaufen, aber auch durchaus 40 bis 50 Prozent betragen können (Bei MANATNET: 15 oder 25 Prozent). Ja, ich weiß: Einige Provider betrachten die Interim Manager als „Rohstoff“, den man möglichst billig einkaufen muss. Dies soll die eigene Marge absichern und gleichzeitig verhindern, dass der Preis für den Kunden in unerträgliche Sphären abdriftet.
Dennoch ändert das nichts an der grundsätzlichen Mechanik dieser Preisbildung.
Ein Freigeist könnte also die Frage stellen: Was würde geschehen, wenn die Interim Management-Provider dramatisch weniger verlangen würden? Und ich meine: „dramatisch“!
[Von fern höre ich sie schon, die Fanfaren des MANATNET-aversen Wettbewerbs! Ich stelle doch nur eine Frage…]
Was geschähe dann?
Würden die „typischen Tagessätze“ so weit sinken, dass die Kunden sie dann leichter akzeptierten?
Oder nicht, weil für einen solchen Effekt der Marktanteil, den die Interim-Provider in Deutschland mit irgendwo wohl zwischen 30 und 40 Prozent repräsentieren, zu klein ist?
Ich habe noch keine Antwort auf diese Fragen.
Ich habe einen Unternehmer gefragt: „Wenn aus Ihrer Sicht die Interim Manager zu teuer sind: Was muss ich dann tun, damit Sie dennoch auf einen Interim Manager zurückgreifen?“
Wie ich mit seiner Antwort umgehen soll, weiß ich noch ebenso wenig:
„Schauen Sie, Herr Becker, soeben hat das Statistische Bundesamt veröffentlicht: Die durchschnittliche Arbeitsstunde kostet in Deutschland 31 Euro. Also 248 Euro am Tag – einschließlich aller Lohn-Nebenkosten. Nun sind Ihre Interim Manager ja alle hoch- bis höchstqualifiziert – was wir aber nicht in jedem Fall brauchen und daher auch nicht einkaufen müssen. Das machen wir im Bereich der Festanstellung ja auch nicht.
Aber ich wäre bereit, für einen ganz normalen Interim Manager immerhin das Doppelte zu bezahlen.
Daher mein Rat:
Bieten Sie Interim Manager für 499 Euro an!“
„Ich glaube nur Statistiken, die ich selbst gefälscht habe.“
Winston Churchill
Der Gentleman war ein fragwürdiges, gewalttätiges, hinterhältiges und erpressbares Individuum. Lloyd George beschrieb Churchills Verstand als eine „mächtige Maschine, doch […] wenn der Mechanismus versagte oder falsch lief, waren die Folgen verheerend.“ (Wikipedia)
Denken Sie an diese Charakterisierung, Herr Becker.
Schlagen Sie keine Irrwege ein.
Gute Leute haben jedes Recht einen anständigen Preis zu verlangen. Der darf NIE unter 1.000,- € liegen + Provider!
Kurze Kündigungsfristen schützen vor Fehlgriffen.
Auf beiden Seiten.
Der Rest der Argumentation ist hinfällig, defensiver Füllstoff, verwirrt nur und überzeugt keinen Kunden, der ohnehin kein echtes wirtschaftliches Problem bereinigen will/muss.
Kann es sein, lieber Herr Becker, daß Sie sich mit den falschen Leuten unterhalten?
Hallo Herr Becker,
Sie sprechen mir aus dem Herzen.
Nachvollziehen kann auch ich entsprechende Vorstellungen nicht.
Bin letztens auf einer Internetseite gelandet, auf welcher sich „angebliche“ Interim Manager für Stundensätze zwischen 30 – 50 € angeboten haben. Da frage ich mich, wie soll das möglich sein. Wenn man mit einer guten Auslastung von 75 %/anno kalkuliert, weiß ich nicht, wie diese Herrschaften kalkulieren.
Habe Gottseidank allerdings auch schon häufiger die andere Mentalität erlebt.
Aussage Vermittler/Provider: In diesem Preissegment bieten wir gar nicht an, da uns klar ist, dass wir mit entsprechenden Personen die Erwartungshaltung der Kunden nicht erfüllen können.
Gute Leistung hat Ihren Preis, in diesem Sinne noch einen schönen Ostermontag.
@nonojo
Danke für Ihren Kommentar, verehrter Weggefährte!
Ich weiß nicht, ob ich mich mit den falschen Leuten unterhalte – ich weiß nicht einmal, ob es „richitge“ und „falsche“ Leute gibt. Ich weiß nur, dass solche Meinungen mir im Tagesgeschäft unterkommen. Und damit auch Teil des Marktes sind.
Ich kenne Wettbewerber, die gehen da nonchalant drüber weg, drehen sich um und nennen den Kunden draußen einen „Vollpfosten“. Ich gehöre nicht dazu: Ich speichere solche Sachen regelmäßig – und schaue einmal, wohin sich das entwickelt und wie ich mich mit meinem Unternehmen gegebenenfalls darauf einstellen muss.
Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Automobilzulieferer, der sich strikt weigerte, für einen Interim Manager im Qualitätsbereich (und dort gab es massiver Probleme, die die wichtigste Kundenbeziehung gefährdeten!) mehr als 600 Euro am Tag auszugeben – Achtung: All in!
Wir sind damals nicht zusammen gekommen, weil MANATNET nicht lieferfähig war.
@Dr. Peters
Ich teile Ihre Einschätzung „Gute Leistung hat ihren Preis“.
Getreu dem Motto: „Sie halten einen Spezialisten für teuer? Warten Sie ab, was Sie erst ein Amateur kosten wird!“
Das ist wie in jedem Business – wenn der „Wert“ erkannt und akzeptiert wird, dann sind Kunden gerne bereit, zu bezahlen. Anders kann man wohl kaum erklaeren, warum einige Leute sich Autos fuer Euro 100,000 kaufen, billigere fahren ja auch.
Also mein Ratschlag – ueberarbeiten Sie doch mal Ihre Kommunikations-Strategie, das „Messaging“, um die Werte von Interim-Management herauszustellen.
Beste Gruesse – SE
@Sylvia
Danke für Ihren Kommentar. Ich denke, Sie haben Recht: Wir müssen in der Kommunikation etwas ändern: Aus meiner Sicht muss das in die Richtung gehen, die ich unter (1) skizziert habe.
„Die durchschnittliche Arbeitsstunde kostet 31€“ ….
Da ist dann die Putzfrau und der Lehrbub mit eingerechnet.
Was ist denn das für ein seltsammer Vergleich ?!?
Mich würde mal interessieren auf welchen Stundensatz der Kunde kommt, wenn er nur sein Management berechnet. Incl. Vorstand etc. :o)
Richtig, Herr Peter G.,
allerdings beinhaltet der von der Arbeitsagentur errechnete durchschnittliche Stundesatz offenbar auch die gesamte Banbreite der beruflichen Tätigkeiten. Aber ich werde das noch im Detail nachwassern..
Zudem hatte der Kunde nicht von den hoch- und höchstqualifizierten Interim Managern („… was wir nicht in jedem Fall brauchen“) und er hatte diesen durchschnittlichen Stundensatz leichterhand verdoppelt.
Wir werden uns wohl mit solchen Sichtweisen im Detail auseinandersetzen müssen. Vielleicht ist ja eine flapsig offensive Aussage zielführend: „Durchschnitt finden Sie halt unter den Interim Managern nicht!“
Wenn´s denn stimmt…
Wir müssen uns besser vermarkten. Wir müssen weg von den Kosten pro Tag.
z.B. aufzeigen, welchen Wert wir für das Unternehmen darstellen (können) und nicht, welche Kosten pro Tag berechnet werden.
Richtig, Herr Lavermann,
das ist der unter (1) skizzierte Weg. Hier stimme ich Ihnen uneingeschränkt zu: Da müssen wir viel mehr machen.
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