„…, aber ich habe noch gar keine Ahnung vom Interim Management!“
Was sind wir immer stolz auf unser Spezialistenwissen! Durchaus zu Recht, wie ich denke.
Jedoch läuft jedes Spezialistenwissen Gefahr, vom Rest der Menschheit nicht verstanden zu werden. Sie glauben mir nicht?
Stellen Sie sich bei Gelegenheit mal in eine Runde von hochqualifizierten IT-Leuten, Maschinenbauern oder Chirurgen. Dann verstehen Sie, was ich meine.
Selbstverständlich gilt das auch für uns, die wir uns zu den Spezialisten, zu den Insidern im Interim-Geschäft zählen.
Und, das gebe ich gerne zu, reagiere ich doch regelmäßig verblüfft, wenn ein Kunde heute noch signalisiert oder gar mutig kommuniziert: „Ich hab´ keine Ahnung vom Interim Management!“
Aber ich bin geschult genug, um meine Reaktion zu registrieren. Regelmäßig rufe ich mich dann zur Ordnung – und ich stelle mich auf den fiktiven, „normal ausgebildeten Abiturienten“ mir gegenüber ein: Eine ungemein wertvolle Orientierungshilfe aus längst vergangenen Tagen des Verkaufstrainings.
Das hilft beiden Parteien. Seit Jahren.
Denn das legt einen Hebel um in meinem Kopf:
– Kein Jargon, denn der Kunde soll mich verstehen: Es ist erstaunlich, wie viele Begriffe unter Insidern eindeutig sind – und von allen anderen schlichtweg nicht verstanden werden. Glauben Sie nicht? Wahrscheinlich haben Sie noch nie mit Ihrer Bank einen „Delayed Step-up Swap“ verhandelt oder den „Take-along“ vergessen zu regeln, als Sie das letzte Mal ein Unternehmen erworben haben. Aber: Wer hat schon den Mut, zu sagen: „Tut mir leid, ich verstehe Sie nicht!“. Die meisten von uns sind so geprägt, dass sie eine solche Aussage als Zeichen der Schwäche ansehen werden. Deshalb fragen wir nicht nach. Und genau an dieser Stelle haben Sie Ihren Kunden verloren.
– Helikopterflug, denn der Kunde braucht noch keine Details: Es ist erstaunlich, wie viele Insider mit Detailwissen glänzen wollen und ihren Kunden prompt mit ihrem Detailwissen zudecken – manchmal denke ich: Bis sein Haupt ermattet auf dem Konferenztisch aufschlägt. Anstatt den Kunden erst einmal „ins Bild“ zu setzen, in dem er sich dann auch zurechtfinden kann. In aller Regel erschrecken Sie dadurch Ihren Kunden, dem eben dieses Detailwissen fehlt. Viele Menschen fühlen sich dadurch reflexartig dumm – und nur wenige Menschen wissen über diesen Reflex. Zu besten Zeiten der Transaktionsanalyse von Berne lag genau in diesem Reflex der Grund fürs Scheitern: „Ich bin nicht dumm – aber Du bist böse!“
– Du bist wichtig – nicht ich: Diese Selbstverständlichkeit im vertriebsorientierten Denken steuert alles Übrige. Und führt zu zahlreichen Fragen von meiner Seite während des Gesprächs:
„Hab ich mich einigermaßen verständlich ausgedrückt?“
„Was ist aus Ihrer Sicht noch nicht genug behandelt?“
„Welche Frage beschäftigt Sie im Augenblick darüber hinaus?“
„Was sollten aus Ihrer Sicht die nächsten Schritte sein?“
Um nur einige zu nennen.
Gut fühle ich mich, wenn der Kunde unser Gespräch so beendet, wie kürzlich die verantwortliche Mitarbeiterin eines Großkonzerns:
„Interims Management ist ja gar nicht so kompliziert, wie ich dachte!“