Natürlich freue ich mich, dass der Einstieg in meine kleine Serie „Vertrieb für Interim Manager“ am vergangenen Freitag so gut ankam! „Ich freue mich schon auf die folgenden Teile…!“, schrieb ein von mir geschätzter Interim Manager. Hier also kommt der zweite Teil …
Bereits am vergangenen Freitag habe ich sie erwähnt, die drei Begriffe, die Sie aus meiner Sicht im Interview-Prozess erfolgreich machen: Verstehen, Empathie und Wertschätzung.
Lehnen Sie sich einmal zurück und rufen sich vor Augen, an welcher Stufe des Beschaffungsprozesses Sie zu einem Gespräch gebeten werden: In dieser Prozess-Stufe hält der Kunde Sie grundsätzlich für geeignet – anderenfalls würde es doch gar nicht zum Gespräch kommen!
Worauf basiert dieses erste, grundsätzliche Zubilligen von Kompetenz? Sie basiert ausschließlich auf Ihren Unterlagen – was erneut mein Ceterum Censo unterstreicht: „Ihr Lebenslauf ist Ihr Verkaufsprospekt in eigener Sache!“
Dieses erste Gespräch, zumindest in der MANATNET-Welt [die mir mitunter wie eine Art Parallel-Universum zu anderen Interim-Providern erscheint], wird telefonisch stattfinden. Weshalb? Es ist der mit Abstand kostengünstigste Weg für den Kunden, sein erstes Einordnen zu untermauern – oder aber zu revidieren. Also muss es Ihr Ziel sein, die positive Einschätzung des Kunden zu untermauern.
Nun steht er an, der Telefontermin. Sie sind bestens vorbereitet. Und nun? Unterschätzen Sie die fachliche Seite keinesfalls – aber das Mandat gewinnen Sie auf einer anderen Ebene!
Die Frage als Multitalent im Verkaufsgespräch
Hier sind meine 4 Praxis-Tipps für Ihr Erstgespräch – mit der Frage als Multitalent:
(1) Danken Sie ehrlich: Gleichgültig, wie der Kunde [der in aller Regel anruft, weil er dann auf seiner Seite die weiteren Gesprächspartner besser einbinden kann] das Gespräch eröffnet – Sie beginnen mit einem „Danke“. Ich möchte den Kunden erleben, der – vielleicht nur unbewusst – Ihren Dank nicht als positiv empfinden wird. Danken Sie jedoch nicht nach Art der jungen Leute heute [„Hey, man, danke!“], sondern erz-traditionell, denn das ist auch heute noch die unterschwellige Erwartungshaltung in unserer Interim-Welt.
Danken Sie ebenso auf keinen Fall unterwürfig, sondern nutzen Sie Ihren Dank [dem Teil (1) unserer kleinen Serie entsprechend], um unterschwellig zu signalisieren, dass Sie im „Driver´s Seat“ Platz genommen haben. Dass Sie vorhaben, dieses Gespräch zu führen.
Danken Sie zum Beispiel so: „Vielen Dank, Herr/Frau Kunde, dass Sie mir die Gelegenheit geben, Ihre Situation und Ihre Aufgabenstellung noch besser zu verstehen. [Ich hänge stets an: Ich verspreche Ihnen, ich werde Ihre Zeit nicht vergeuden!“]
Glauben Sie mir: Das beeindruckt! Das wirkt professionell! Und Menschen neigen dazu, sich von Profis führen zu lassen…
Und dann führen Sie das Gespräch auch. Es wird den einen oder anderen Kunden geben, der sich die Gesprächsführung nicht aus der Hand nehmen lassen wird – aber wenige! In diesem Fall gehen Sie zunächst darauf ein – anderenfalls wird Ihr Gespräch schneller zu Ende sein, als Sie glauben mögen.
(2) Verstehen sie tief: „Hab‘ ich alles verstanden!“ höre ich oftmals von Interim Managern nach meinem Briefing. Das verblüfft mich jedes Mal, denn ich habe niemals alles richtig verstanden, wenn der Kunde sein Anforderungsprofil bei mir einkippt. Ich empfehle deshalb ausnahmslos – und gleich zu Beginn des Gespräches – die erste Quittungsfrage zu stellen.
Sie lautet: „Ich habe hier das Briefing von MANATNET vorliegen und auch mit Herrn Becker darüber gesprochen. Sind Sie damit einverstanden, wenn ich kurz zusammenfasse, was ich verstanden habe?“ Sie werden es nicht erleben, dass Ihr Gegenüber mit „Nein“ antwortet. Warum nicht? Es ist für Ihr Gegenüber doch viel einfacher, Ihnen zuzuhören und auf „Unschärfen“ in Ihrem Verständnis zu achten, als Ihnen die ganze Litanei selbst zu erzählen. Ich halte jede Wette, dass Sie als Antwort in etwa erhalten werden: „Ja, das ist schon sehr weitgehend richtig so, jedoch …!“ Und schon erhalten Sie zusätzliche Informationen, die Sie zusätzlich stärken werden….
(3) Seien Sie empathisch: Unternehmen, die die Unterstützung durch Interim Manager brauchen, sind nahezu ausnahmslos in einer besonderen Situation, die das Leben auf Seiten der Kunden regelmäßig nicht leichter macht. Zeigen Sie, dass Sie das verstehen. „Da hat doch unser neuer Personalleiter während der Probezeit gekündigt – und nun stehen wir da!“ Sie zeigen nicht unbedingt Empathie, wenn Sie jetzt mit „So, ein Schuft!“ reagieren.
Antworten Sie zum Beispiel: „Ja, das ist die Krux mit diesen Probezeiten. Jedoch: Was wollen Sie machen? Aber ich bin ja da, damit wir das auffangen können Und damit Sie gleichzeitig in Ruhe und ganz ohne Zeitdruck nach dem Nachfolger suchen können!“
Oder:
„Wir haben in den vergangen 2 Jahren 12 Unternehmen zusammengekauft – und jetzt haben wir 12 verschiedene HR-Abteilungen – alle mit anderen Ansätzen, Regeln und Verträgen: Ein heilloses Durcheinander!“
Ihre Antwort, „Was müssen Sie auch so viele Unternehmen kaufen!“, wird Sie sicher aus dem Rennen werfen. Weitaus mehr Empathie zeigt zum Beispiel eine solche Antwort.
„Ja, ich verstehe das. Aber welche Alternative hatten Sie? Die 12 Unternehmen nicht zu kaufen? Ich werde Ihnen dabei helfen, das Durcheinander zu bereinigen – damit Sie sich weiter um die Integration Ihrer neuen Tochtergesellschaften kümmern können. Ich vermute mal: Allein das ist ja auch ein Riesen-Aufgabe!“
Das können Sie nicht? Aber sicher können Sie das! Bereiten Sie solche Aussagen schriftlich vor – Sie können sie dann recht leicht während Ihres Gespräches anpassen.
(4) Seien Sie wertschätzend: Es gibt viele Arten zu zeigen, dass Sie Ihr gegenüber wertschätzen. Hierzu gehören, Sie kennen das, Pünktlichkeit, gute Vorbereitung – und: Handy und andere „Ablenker“ ausschalten. Im Telefon-Interview ist es etwas schwieriger, Wertschätzung zu zeigen, als im Gespräch am gemeinsamen Tisch – aber sicher nicht unmöglich. Ich empfehle Ihnen in diesem Fall, bewusst Quittungsfragen einzusetzen. Quittungsfragen sind Fragen, die feststellen sollen, ob beide Parteien noch das gleiche Verständnis haben oder ob zum Beispiel Ihr Gegenüber Ihnen noch folgt – oder schon längst nicht mehr.
Eine starke Quittungsfrage haben wir bereits am vergangen Freitag verwendet: „Ich vermute, Sie haben kurzfristig noch keine Gelegenheit gehabt, sich meinen Lebenslauf anzuschauen. Soll ich schnell darauf eingehen, damit Sie im Bilde sind?“
Typische weitere Quittungsfragen lauten:
„Ich habe jetzt fünf Minuten über mein Projekt beim Unternehmen A gesprochen. Reicht Ihnen das an dieser Stelle oder möchten Sie weitere Informationen?“ [Stellen Sie sich mal vor, Sie fragen nicht: Wenn´s reicht, und Sie reden immer noch weiter, dann schaltet der Kunde ab – und Sie überzeugen nicht. Wenn´s nicht reicht, und Sie hören an dieser Stelle auf, dann bedienen Sie das Informationsbedürfnis dieses Kunden nicht – und überzeugen ebenso wenig. In beiden Fällen sacken Ihre Erfolgsaussichten deutlich ab!]
„Entspricht das, was wir bisher besprochen haben, Ihren Vorstellungen – oder soll ich andere Schwerpunkte setzten?“
„Wir haben jetzt die Hälfte unseres Zeitbudgets aufgebraucht. Ich möchte sicherstellen, dass wir alle Punkte, die Ihnen wichtig sind, noch abarbeiten können. Liegen wir hierfür auf Spur?“
Und wenn Sie etwas mutiger sein möchten: „Ist das, was ich gerade berichtet habe, für Sie nachvollziehbar – oder erzähle ich Schrott?“
Sie können aus meiner Sicht kaum größere Wertschätzung im geschäftlichen Umfeld zeigen, als durch ein „Ich möchte sicherstellen, dass ich Dich nicht falsch verstehe – und ich möchte sicherstellen, dass ich Deine Erwartungshaltung erfülle!“
Ich persönlich ziehe vor Menschen, die es beherrschen, Fragen zu stellen, stets innerlich den Hut: Bemerkenswerter Weise geschieht das auch im Interim Management selten.
Daher lautet meine Regel Nr. 2 im Vertrieb für Interim Manager:
Wer fragt, lernt!
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