Freitag 11. Mai 2018

OHNE PROVIDER IST AUCH KEINE LÖSUNG!

Interim_Management_Blog_Foto_Juergen_Becker_Friedrich_Schiller-trifft_Wurm_Salzburg_2018Am 2. Mai, unmittelbar nach dem Kick-off in den Wonnemonat, geisterte eine Pressemittelung durch den virtuellen Äther:

 

„Anforderungen an Projekt-Vermittler“ – veröffentlicht von iFellow. Die Pressemitteilung machte auf mit:

 

„Im Bereich Interim Management und Freelance wird rund ein Drittel aller Projekte durch Vermittler und sogenannte Provider besetzt. Die iFellow GmbH ist der Frage nachgegangen, welche Wünsche und Anforderungen freiberufliche Experten an diese Anbieter stellen.“

 

Fair.

 

Nun erwarte ich nicht, dass sich „ein Online-Netzwerk für selbständige Interim Manager und Business Consultants“ durch einen innigen Kuschelkurs gegenüber den Interim-Providern auszeichnet: Nicht jeder versteht Interim-Provider als Partner – so wie UNITEDINTERIM.

 

Dennoch empfinde ich – wie immer an dieser Stelle: ganz persönlich und der Rest der Welt mag das anders sehen – die Ergebnisse dieser Umfrage höchst bemerkenswert. Und deshalb – ich bin gerade auf Sylt und habe daher Abstand und Zeit zum Nachdenken – möchte ich meine Einschätzung zu den Ergebnissen dieser Umfrage gern festhalten.

 

Ich führe mit MANATNET auch noch einen Interim-Provider – und damit bin ich letztlich betroffen: Bitte diskontieren Sie das!

 

In meinem Hinterkopf bildet sich der Begriff „Provider-Bashing“ [Anmerkung: was für mich seit 2003 nichts Ungewöhnliches ist…!] und ich denke, unterm Strich werden die Interim Management-Provider im Kommentar von iFellow als inkompetent, wenn nicht als Vollpfosten dargestellt.

Voll aufs Maul der Provider – also auch von MANATNET

 

„Bei der Befragung, die im April 2018 stattfand, wurden mehr als 700 Stimmen von freiberuflichen Spezialisten abgegeben. Zu deren Top Anforderung zählt demnach “eine hohe Anzahl passender Projektangebote“. Dies verwundert wenig, stellt es den eigentlichen Zweck eines Providers dar. Aber an dieser Hürde scheitern bereits viele Anbieter, insbesondere die ohne nennenswerte Vertriebsoberfläche und Kundenzugang. So vermitteln insbesondere kleinere Marktteilnehmer oftmals nur Projekte im ein- oder zweistelligen Bereich pro Jahr …“

 

Ich denke: Absolut! Weshalb sollte ein Interim Manager mit einem Vertriebspartner (vulgo: Interim-Provider) zusammenarbeiten, wenn er oder sie nicht von eben diesem Provider einen Vertriebserfolg (vulgo: Projekt) erwarten würde? Wie banal ist das denn? Ich empfinde die Formulierung von iFellow, „nennenswerte Vertriebsoberfläche“ als hochinnovative Worthülse – und die Wertung „scheitern bereits viele (!) Anbieter“ als kaum zu überbietende Arroganz (und ich kenn‘ mich da wirklich aus!): Ich weiß von Interim Managern, die haben das „Mandat ihres Lebens“ über kleine Provider erhalten!

 

„…werben aber mit tausenden von Experten im eigens zusammengestellten Kandidaten-Pool. Eine zeitaufwendige Listung für Freiberufler hat hier also recht wenig Aussicht auf Erfolg.“

 

Ich denke: Jeder Interim Manager, der sich professionell im Interim-Business positioniert und die entsprechenden Vor-Arbeiten und -Investitionen leistet, der weiß: Die in den Marketing-Aussagen kolportierten Pool-Größen sind letztlich nicht belastbar. Kunden-Unternehmen wissen das schon lange. Und ich denke, ich kann das unterschreiben – ohne Wenn und Aber! Jedoch bleibt selbst dann die Frage offen: Weshalb bewirbt sich dann überhaupt noch jemand bei den Providern mit den großen Pools?

 

„Und auch beim Thema Passgenauigkeit hapert es bei einigen Anbietern. So wird bemängelt, dass Projektanfragen teilweise per Massen-Mails versendet werden, ohne dass zuvor die spezifischen Projektanforderungen des Kunden mit den Experten-Profilen abgeglichen werden!“

 

Ich denke: Ein solcher Prozess, diskreditiert den jeweiligen Provider. Auch hier: Ohne Wenn und Aber! Wir würden einen solchen Provider niemals in den AIMP aufnehmen! Never ever! Allerdings frage ich mich durchaus: Weshalb arbeiten Interim Manager mit solchen Providern zusammen? Weshalb beenden Interim Manager die Zusammenarbeit mit solchen Providern nicht unmittelbar, nachdem sie ein solches Vorgehen festgestellt haben? Ganz offen: Das ist mir unbegreiflich! Wie kann ich ein solches Verhalten geißeln – und dennoch weitermachen wie bisher?

 

„Ebenfalls eine hohe Bedeutung kommt dem Merkmal “Vertrauen und zuverlässige Kommunikation“ zu. Hier wird seitens der Freiberufler teils kritisiert, dass Vermittler zwar schnell im Einsammeln von Kandidaten-Profilen sind, eine Rückmeldung zum konkreten Auswahl- und Besetzungsprozess bei Projekten aber nur auf Nachfrage erfolgt. Hier unterscheiden sich professionelle Anbieter ganz entscheidend von ihren Wettbewerbern.“

 

Ich denke: Immerhin wird hier unterschieden zwischen „professionellen Providern“ und anderen. Ich frage mich jedoch: Welcher professionelle Interim Manager arbeitet denn in Gottes Namen mit unprofessionell agierenden Providern zusammen? Und zieht nicht sofort die Reißleine, wenn dies offenbar wird?

 

Zudem: Welcher „Vermittler“ ist heute noch interessiert daran, „schnell [zu sein] im Einsammeln von Kandidaten-Profilen“? Abgesehen davon, dass so ziemlich jeder Provider unverdrossen damit wirbt, alle die Menschen hinter allen Profilen „persönlich zu kennen“ und erst „nach einem persönlichen Interview“ aufzunehmen: Dieser Prozess harmoniert keinesfalls mit dem Adverb „schnell!

 

Allerdings muss ich einräumen, dass ich einer anderen Aussage zustimmen muss:

 

„… eine Rückmeldung zum konkreten Auswahl- und Besetzungsprozess bei Projekten aber nur auf Nachfrage erfolgt.“

 

Das ist wohl so. Das höre ich auch von vielen Interim Managern. Ich kann das nicht nachvollziehen – und obendrein fehlt mir dafür auch jedes Verständnis. Wie kann ich so mit meinen Kunden umspringen? Nun, vielleicht betrachte ich meine Interim Manager nicht als Kunden…

Mein Blick hinter ein paar Kennzahlen

 

Diesen expliziten Aussagen möchte ich – wieder ganz persönlich – drei Anmerkungen zur in der Pressemitteilung mitgelieferten Grafik machen:

 

(1) Nur 9% der Interim Manager wollen Transparenz hinsichtlich der Provisionshöhe. Ich folgere daraus, dass ein Miteinander auf „Augenhöhe“ (Interim Manager – Kunde – Provider)  in Honorarfragen nicht wichtig ist! Ich kann das kaum glauben, würde damit doch eine fundamentale Säule des Interim Managements verraten!

 

(2) Auf faire Wettbewerbsklauseln (also den fairen Umgang miteinander) legen offenbar über 90 Prozent der Interim Manager keinen Wert. Das übersteigt nun wirklich meine Vorstellungskraft! Wenn das wirklich so ist, dann habe ich seit 2003 am Markt vorbei gearbeitet! Und meinen informellen Ehrentitel „Fairster Provider Deutschlands“ kann ich in die Tonne treten.

 

(3) Und offenbar ist es diesen Interim Managern auch egal, wer ihnen beim Provider als Ansprechpartner zur Seite steht, der sie also kennt, und wie lange der Anbieter im Markt ist. Im Klartext: Es juckt nur 3%, ob sie ihren vertrieblichen Erfolg in die Hände von Anfängern oder jahrlange erfahrenden Profils legen. Ja, geht´s noch?

 

Ich habe – hier von Sylt aus – ein Mandat auf Anfrage des CEO eines Börsen-notierten Unternehmens besetzt. Glaubt tatsächlich irgendjemand in diesem Interim-Business, dass der CEO Jo Doe angesprochen hätte? Oder, dass Jo Doe in seinem Urlaub hätte sofort entscheiden können, weil der CEO (natürlich) wieder über den Tagessatz diskutierte – abgesehen davon, dass Jo Doe im Rahmen seines Work-Life-Balancing-Konzeptes im Urlaub sicher nicht zur Verfügung gestanden hätte?

 

Noch einmal, weil es wichtig ist: Jeder mag das anders sehen! Ich jedoch schließe aus all dem:

 

Provider und Interim Manager bilden eine reine Zweckgemeinschaft, innerhalb derer anscheinend auch noch unprofessionell miteinander umgegangen wird. Das Image der Provider scheint bei den Interim Managern absolut im Keller. Gibt´s da vielleicht eine Korrelation, die negativ auf  das Image der Interim Manager bei den Providern abfärben könnte?

 

Auf dieser Basis scheint mir diese Beziehung auf Dauer nicht tragfähig.

 

Wenn ich das alles aus der Distanz zu Ende denke, dann frage ich mich durchaus, weshalb Interim-Provider und Interim Manager dennoch in dieser Beziehung weiterleben – und sie nicht beenden?

 

Interim Manager könnten konsequenterweise die Geschäftsverbindung zu diesen „Underperformern“ von Providern kappen, statt hin und wieder ihre (mitunter oberflächlich zusammengenagelten) CVs zuzusenden – und dann zu erwarten, dass eine große Anzahl passender Anfragen auf sie herabregnet – zu hohen Tagessätzen selbstverständlich.

 

Und sich im analogen Vertrieb auf ihr eigenes Netzwerk und im digitalen Vertrieb auf Partner wie UNITEDINTERIM konzentrieren.

 

Ich rate davon ab!

 

Ich empfehle stattdessen beiden Seiten: Erhöht Euren Grad der Professionalisierung!

 

Denn ich bin zutiefst davon überzeugt:

 

Ohne Interim-Provider ist auch keine Lösung!

 

(Email Adresse wird nicht veröffentlicht)