Das Interim-Business hat schon enorm breit gefächerte Facetten!
Auf der einen Seite der CEO des börsennotierten Unternehmens, der nach dem Mandat im Mai einen weiteren Interim Manager benötigt und mich um Unterstützung bittet.
Das Projekt wurde wieder hart verhandelt – ich kenne das nicht anders:
„Ich würde es bedauern, wenn wir keine Lösung fänden, da wir uns auch bei diesem Einsatz gerne wieder auf Sie und Ihre Personalqualität verlassen möchten. Wir sind daher gerne bereit ein Premium zu bezahlen, nicht jedoch die aktuelle Differenz.“
Und dann haben wir wieder – ja, natürlich: auch, weil wir das Projekt gern mit diesem Kunden machen möchten! – am Preis jede mögliche Ecke abgefeilt. Nicht auf die gern als „Dumping“ gegeißelten Dimensionen, aber doch immerhin um knappe 15 Prozent. Ich spreche von wir, denn der Interim Manager hat seinen Beitrag geleistet – und ich auch. Der eine oder andere Provider mag das anders sehen – aber so verstehe ich Partnerschaft.
Ein gutes Geschäft tut allen Parteien ein wenig weh!
Im Ergebnis sind wir jetzt alle ein klein wenig unglücklich: Der Kunde, weil er etwas mehr zahlen wird als vorgesehen – und der Interim Manager und ich, weil wir etwas weniger einnehmen werden als erwartet.
Irgendwo habe ich mal aufgeschnappt: „Ein gutes Geschäft tut allen Parteien ein klein wenig weh!“ Dann ist das wohl ein beispielhaftes Geschäft. Und die Nachricht des CEO rundet diesen Eindruck ab:
„Herzlichen Dank, Herr Becker, für Ihren Einsatz und meine besten Grüße an Herrn XYZ, auch im Namen meiner Vorstandskollegen.“
Und dann gibt´s die andere Seite:
Einen Interim Manager, der seinen Unmut kundtut, dass er über UNITEDINTERIM bisher kein Mandat erhalten hat. Er ist Spezialist: Das ist gut! In einer gemäß AIMP-Providerstudie für das Interim Management wenig bedeutenden Branche: Das ist nicht gut!
Ich habe eine Stunde (!) in meine Antwort an diesen Interim Manager investiert – Fakten ohne Ende unterlegt mit sechs Grafiken.
Und ich gebe gern zu, dass ich an einer Stelle auch deutlich geworden bin:
„Bitte sehen Sie mir meine Offenheit nach, Herr Interim Manager: Der Wettbewerb wird immer härter und es ist inzwischen nicht mehr zu übersehen, dass das Provider-Geschäft (nicht das von UNITEDINTERIM als Infrastruktur-Anbieter) schwieriger wird. Aus meiner ganz persönlichen Sicht werden Sie nicht umhinkommen, mehr in Ihren Vertrieb in eigener Sache zu investieren – Zeit und Geld.“
Ich bin kein Vertriebler – auch nicht in eigener Sache!
Es ist das gute Recht des Interim Managers, das anders zu sehen:
„Ich bin kein Vertriebler und will auch keiner sein. Ich will als solcher auch nicht ein Interim Mandat antreten, sondern als best-qualifizierer Experte in meinem Fach.“
Ganz offensichtlich baut dieser Interim Manager zudem stark auf sein eigenes Netzwerk von Beziehungen – was andere Interim Manager ja auch tun und was daher völlig legitim ist:
„ALLE meine Mandat erfolgen über Beziehungen, Menschen in CEO- oder verantwortungsvollen Positionen oder andere, die wissen, was sie an mir haben.“
Dann ist ja alles in Ordnung: Der analoge Vertrieb ist abgedeckt durch ein Beziehungsnetz – und den digitalen Vertrieb deckt UNITEDINTERIM ab.
Dachte ich.
Denn es kam noch eine Nachricht – überschrieben mit „Nachtrag“:
„Es ist Ihr verinnerlichter Auftrag, Ihre Sache anzupreisen, das ist nachvollziehbar. Aber was bleibt? Der fade Nachgeschmack, vorgehalten zu bekommen, dass man, erlauben Sie mir die Offenheit: etwas zu blöd oder zu faul sei, die wohlfeil angebotenen, heiligen Vertriebsmittel zu nutzen. So mag ich als Kunde nicht mit mir umgegangen wissen.“
Eine Stunde Arbeit – nur für eine professionelle Antwort.
Aber darin fünf Zeilen meiner ehrlichen und offenen Meinung sorgen für faden Nachgeschmack und einen Riss in der Wohlfühl-Flora des Kunden.
Das ist das Elend der „Ja-Sager-Kultur“!
Und in dieser Kultur fühle ich mich nun ganz und gar nicht wohl. Denn seit Herbst 1987 – als die Schule eines Jesuiten-Paters mein Weltbild bersten ließ – weiß ich:
Ja-Sager bringen Dich niemals weiter!
Für Nicht-Vertriebler ist Vertrieb immer schwierig, das kann ich gerne bestätigen. Doch in der heutigen Zeit ist es eher einfacher geworden, Vertrieb in eigener Sache zu machen. Neben Portalen wie UNITEDINTERIM gibt es soziale Netzwerke und natürlich auch die „alten „persönlichen Kanäle““… Aber allen Vertriebswegen ist gemeinsam, dass sie der persönlichen Bemühungen des Interimlers bedürfen. Wem das zu viel ist, sollte das Geschäft sein lassen! Ganz analog zu dem alten chinesischen Sprichwort: „Wer nicht lächeln kann, sollte kein Geschäft aufmachen!“
Und wer mit konstruktiver Kritik nicht umgehen kann hat im Geschäft auch wenig verloren – wie soll das im Mandat denn laufen?! Also kann ich nur beipflichten: Mit JA-Sagern kommt man nirgendwo hin.