Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich am Donnerstag von Radio-Moderatoren angesprochen fühlen, weil „das Wochenende vor der Tür steht“. Oder freitags gemeinsam mit ihnen frohlocken, weil die Arbeitswoche nun, heissa!, ein Ende hat.
Was für eine armselige Lebens-Situation: Fünf Tage Mist – gegenüber zwei schönen Tagen…
Ja, ich gebe zu: Ich freue mich sonntags stets auf die Woche, die da kommen wird. Mitleidige Blicke erntend, sofern ich das einmal offen ausspreche. Schon in frühen Jahren glaubte meine Familie deshalb, mich in Uli Steins Cartoon („Er ist kein ausgesprochener Urlaubstyp“) im Detail wiederzuerkennen.
Warum freue ich mich auf die kommende Woche? Nun, weil sie stets neue Überraschungen mit sich bringt. Das ist Leben!
Montag: Ein Kunde hat sich von einem Interim Manager getrennt, weil er mit der Arbeit des Interim Managers nicht zufrieden war. Mist! Kommt selten vor. Kommt aber eben doch mal vor. Hier schlägt ein Dreiseiter vom Anwalt des Interim Managers auf, in dem unser Provisionsanspruch bestritten wird. Und: „Im Übrigen gehen wir derzeit davon aus, dass das Kundenunternehmen Sie für Ihre Personalsuche hinreichend entlohnt hat.“
Nun habe ich mich inzwischen durchaus an die standestypische Art der Kommunikation (Wir erkennen aus der Transaktionsanalyse: „Du bist nicht okay – und obendrein noch böse!“) gewöhnt und sie trifft mich in keiner Weise mehr. Dass sie aber durchaus auf der Grundlage völliger Unkenntnis der Usancen im Interim Management erfolgen kann, erschüttert mich jedoch (Ein Schelm, der meint, der Interim Manager wüsste das nicht ganz genau!).
Dienstag: Wir haben einem Kunden vier Kandidaten für ein Projekt vorgestellt. Der Finanzchef, unser Ansprechpartner, hat zwei ausgewählt und das erste telefonische Interview mit beiden Kandidaten hat stattgefunden. Am Montag war der CEO aus dem Urlaub zurück und die Entscheidung über die Interviews vor Ort sollte getroffen werden.
Maileingang, 9.30 Uhr
„Hallo Herr Becker,
Entscheidung ist getroffen. Wir werden einen oder beide Kandidaten kurzfristig kontaktieren.
Gruß“
Bei MANATNET geht bekanntlich alles sehr schnell – und so wurden die beiden Interim Manager um 9.47 Uhr informiert.
Um 9.53 erhielt ich diese Mail:
„Hallo Herr Becker,
der CEO hat offenbar innerhalb von zehn Minuten seine Meinung geändert. So wie ich das lese, wird es keine Termine geben. Sorry für das Hin und Her.
Gruß“
Mittwoch: Das iPhone5 deckt ab dem späten Nachmittag praktisch alle meine Newsfeeds zu. Und: Ein emotionaler GAU im privaten Umfeld trifft mich bis ins Mark.
Donnerstag 1: Wenn im Rahmen der Projektarbeit auffällt, dass der Lebenslauf eines Interim Managers veraltet ist, dann weisen wir den jeweiligen Interim Manager darauf hin und bitten ihn, sein Dokument zu aktualisieren. Gleichzeitig wird ein dreistufiger Follow-up-Prozess gestartet: Letzte Stufe: „Wenn Sie Ihr Dokument nicht aktualisieren, dann wird unser System Ihre Daten bei MANATNET sperren.“
Drei Interim Manager kündigen daraufhin die Zusammenarbeit mit MANATNET. Ich schwanke zwischen „schade“ und „wie gut“.
Donnerstag 2: Wir hatten versucht, einem befreundeten Provider aus dem AIMP zu helfen, einen Kandidaten mit einem sehr speziellen Pharma-Profil zu finden – was über unsere Kontakte in UK gelang!
Maileingang 12.30 Uhr:
„Lieber Jürgen,
hier wurde jetzt eine Lösung aus der eigenen Umgebung gefunden.
Nochmals besten Dank für deinen Support – in der Hoffnung, dass wir wirklich auch einmal etwas erfolgreich abschliessen können.
Herzlichen Gruss!“
Taumelnd kontaktiere ich Uli Stein und bitte ihn, seinen Cartoon für mein Blog verwenden zu dürfen. Ich weiß, sehr kurzfristig! Aber vielleicht ….
Freitag: Auf der Grundlage des mit dem Kunden abgestimmten Anforderungsprofils hatten wir die Lebensläufe von insgesamt fünf Kandidaten vorgestellt. Heute kommt die Nachricht:
Sehr geehrter Herr Becker,
vielen Dank für die Zusendung Ihrer Kandidatenliste. Aufgrund der Unterlagen sind sicherlich sehr gute Qualifikationen dabei. Es hat sich jetzt von unserer Seite noch eine Änderung ergeben. Wir können die XYZ-Kompetenz anderweitig abdecken, so dass wir das Anforderungsprofil auf einen reinen Leiter der Fertigung reduzieren können. Dies dürfte sicherlich in den Tagessätzen eine deutliche Reduzierung bedeuten.
Gruß“
Gehen Sie zurück auf „LOS“ – ziehen Sie keine 3.000 Euro ein!
Uli Steins Genehmigung ist angekommen! Sehr schnell: Und das heutzutage! Kostet mich 50 Euro. Sei´s drum: Das Ding passt einfach super gut! (Dafür bring ich´s auch doppelt so groß wie sonst!)
Und der Radiomoderator jubiliert: „Jetzt geht´s ab ins Wochenende!“
Ich lach´ mir´n Wolf!
Eine typische Woche im Interim Management.