„Hallo Herr Becker, phantastisch, wirklich hervorragend, was Sie da so schnell für Kandidaten liefern!“, schrieb mir die Kundin, nachdem ich ihr vier Profile auf ihre Anfrage hin vorgestellt hatte.
Ich antwortete ihr lapidar: „Das ist mein Job.“ Und das die Zusammenarbeit ein Vergnügen sei. Ich versichere hier – auf dass mich der Blitz treffe! – dass dies kein „Fake“ ist, damit ich einen Einstieg in mein Blog heute habe.
Tatsächlich ist es ist mein Job, dafür zu sorgen, dass bei MANATNET, dem auf das professionelle Interim Management spezialisierten Internet-Marktplatz für die D-A-CH-Region (bei dem obendrein für registrierte Unternehmen alle Daten zugänglich sind), ausnahmslos gute Interim Manager und Interim Managerinnen anbieten.
Und dass deren Unterlagen aktuell sind.
Und dass diese Interim Manager auch tatsächlich verfügbar sind. Hierbei denke ich nicht nur an das unsägliche „Ich habe gerade in der vergangenen Woche ein neues Mandat angenommen: Ich bin nur noch nicht dazu gekommen, meine Verfügbarkeit zu aktualisieren…!“.
Dieses Management des Interim Manager-Pools ist eine Heidenarbeit, die ich zudem völlig unterschätzt habe: Ich bin an dieser Stelle mehrfach darauf eingegangen (BEI MANATNET GIBT’S KEINEN SCHROTT) und ich werde auch beim kommenden AIMP-Regionalforum in meiner Rede darauf eingehen. Aber noch einmal: Dies gehört offensichtlich zu meinem Kerngeschäft. Wenn ich das nicht machen möchte, dann muss ich halt einen anderen Job machen.
Auf der schimmernden Kehrseite dieser Medaille steht aber in strahlenden Lettern: „Wir Interim-Provider nehmen exakt diese Heidenarbeit dem Kunden ab!“ Und das über Jahre, die etablierten Provider in aller Regel sogar über Dekaden!
Dieser tatsächlich geldwerte Vorteil ist in der heutigen Zeit nicht zu unterschätzen: Er schenkt den Unternehmen Zeit und beschleunigt damit die internen Prozesse – bekanntermaßen ein Ziel von überragender Bedeutung, seit die „Lean Management-Gurus“ auch unser Land erobert haben.
Sollte man meinen.
Tatsächlich gibt es jedoch Kunden, die bringen es fertig, dass dieser Vorteil in vollem Umfang verpufft: Sie zerren, nachdem die Kandidaten vorgestellt wurde, den kompletten Prozess zurück auf Feld eins.
Für die Profis in unserem Geschäft wird das stets daran deutlich, dass diese Kunden uns Provider in eine Warteschleife schicken – und während dieser Warteschleife hören wir vom Kunden: nichts!
Die Profis im Interim Management wissen, dass diese Kunden dann sehr viel nachdenken müssen. Weil sie sehr wenig vorgedacht haben.
Ich behaupte inzwischen auch, dass hierbei in den allermeisten Fällen die Höhe des Tagessatzes für einen professionellen (!) Interim Manager eine Rolle spielt, den die allermeisten Unternehmen (vulgo: die Entscheider in diesen Unternehmen) gern einmal als „(zu) teuer“ empfinden.
Denn sie wenden ihre vertrauten Denk- und Verhaltensmuster aus den Bewerbungsritualen für Festanstellungen an. Zu denen, daran müssen wir nicht vorbeireden, stets eine Ober- und Unterordnung gehört, geht es doch um eine „abhängige Beschäftigung“. Hierzu gesellt sich eine gewisse „Preishoheit“, die sich gern ausdrückt in Sätzen wie diesen: „Liebe Kandidatin, lieber Kandidat, wir würden Sie ja gern einstellen, aber Ihre Gehaltsvorstellungen passen nicht in unser Gehaltsgefüge!“ Mit den in der Folge ebenso vertrauten Reaktionsmustern der Kandidaten.
Das alles gilt im Interim Management nicht! Und ich habe den Eindruck, dass dies in dem einen oder anderen Unternehmen für erhebliche Verunsicherung sorgt.
Dies umso mehr, als kaum jemand in diesen Unternehmen die Aufgabe oder das „Problem“, das der Interim Manager lösen soll, in Geld bewertet hat – und somit der Wertbeitrag des Interim Managers nicht zu greifen ist. Die Kosten jedoch sehr wohl. Und dann erscheinen halt 25.000 Euro für den Interim Manager als viel. Ganz besonders dann, wenn Emotionen unternehmensinterne Entscheidungen dominieren – entfacht durch anerkannte Milchmädchenrechnungen:
Tagessatz mal 20 Arbeitstage mal 12 Monate minus mein eigenes Gehalt = (um Gotteswillen!)2
Dass der Interim Manager dem Kunden zusichert, den monatlichen Ausschuss von 100.000 Euro um mindestens die Hälfte zu reduzieren, wird in emotionaler Schockstarre schlicht verdrängt.
Dann gibt es Interim Manager, die sind so dermaßen gut – die bieten ihrem Kunden an: „Ich mache eine erste Analyse zu Ihrer Situation. Darin werde ich 50 bis 70 Stunden investieren und die werde ich Ihnen zu einem Vorzugspreis von 6.500 Euro anbieten. Sollte ich dann nichts finden, das wir verbessern können, dann zahlen Sie auch nichts.“
Dass da ein Kunde überhaupt noch zögern kann, ist für mich vollkommen unverständlich. Dennoch zögerte der Kunde und zwang mich so zum Follow-up.
Ich: „Beim letzten Mandat hat der Interim Manager für seinen Kunden Einsparungspotentiale in Höhe von 60.000 Euro im Monat identifiziert!“
Kunde: „Der Interim Manager muss keine Analyse mehr machen: Wir wissen, dass er jede Menge finden wird! Aber jetzt helfen wir uns erst einmal intern weiter!“
Getrieben vom Beelzebub des vermeintlichen Kostensparens, fegt man die letzte Ecke aus im Unternehmen und findet dann unter lautem Hurra! einen eigenen Mitarbeiter als „interne Lösung“ und als Alternative für den Interim Manager. Jetzt!
Und ist auch noch stolz drauf!
Ich weiß, ich denke seltsam: Dennoch bestürzt mich das immer wieder!
Offenbar fragt kein CEO heute mehr: „Wieso habt ihr den Müller-Lüdenscheidt* nicht schon viel früher ausgebuddelt – und das Thema „Ausschuss“ längst vom Tisch bekommen? Und weshalb habt Ihr dann obendrein soviel Zeit mit dem Thema Interim Management verdaddelt?“
Oder: „Die sechzig Riesen im Monat will ich unbedingt! Und nun erklären Sie mir bitte mal: Wie zum Teufel soll der Hoppenstedt* die heben, wenn er das bisher auch nicht geschafft hat?“
Hatte ich einfach nur Pech oder warum wurde ich früher von meinen Vorständen mit solchen Fragen so gequält?
In diese Kategorie gehörte im Übrigen auch: „Nach drei Monaten habt Ihr noch immer die Stelle nicht besetzt? Und der Laden läuft trotzdem? Dann braucht´s auch keinen Neuen mehr!“
Bingo!
Ich werde wach. Endlich! Hoher Puls und schweißgebadet. Ich war im falschen Film. Sein Titel lautete:
…denn Sie wissen nicht, was Sie tun!
* meine Reverenz an den von mir verehrten Loriot!